2019 sind in Frankfurt nach unserer Zählung fünf Radfahrende durch Unfälle ums Leben gekommen. Diese Zahl unterscheidet sich von der offiziellen Angabe der Polizei, weil wir nicht zwischen Fahrrädern und Pedelecs oder E-Bikes unterscheiden und weil wir auch Unfälle zählen, bei denen das Opfer erst nach mehr als 30 Tagen verstirbt. In solchen Fällen wird in der offiziellen Statistik die Todesursache nicht mehr als der Verkehrunfall angesehen.
Der Ride of Silence in Frankfurt am Main fand am Samstag, 26. September statt. Der traditionelle Termin, der dritte Mittwoch im Mai, musste coronabedingt verschoben werden.
Der Himmel weinte mit – für einen Großteil der Strecke regnete es leider. Doch trotz des widrigen Wetters haben etwa 40 Menschen an der Gedenkfahrt teilgenommen. Ausgehend vom leider nicht mehr für KFZ gesperrten Mainkai wand sich die Demo durch die Innenstadt, bis zum Osthafen (Gerbermühlstraße, Unfall am 13.07.), hoch in den Dornbusch (Ecke Marbachweg/Eckenheimer Landstraße, Unfall am 03.12.), über die Taunusanlage (Unfall am 26.09.) und endete im Europaviertel, wo am 26.07. auf der Europaallee ein Radfahrer von einem rechts abbiegenden LKW-Fahrer überrollt worden ist. Gemeinsam fuhren wir einen Großteil der Unfallorte des letzten Jahres ab, um dort den Opfern zu gedenken und auch teilweise zu sehen, was sich seitdem geändert hat.
Absolute Sicherheit kann es nicht geben, aber viele Unfälle wären mit besserer Infrastruktur vermeidbar. 2018 kam es an einem der Haltepunkte der Demo, der Kreuzung Battonnstraße/Kurt-Schumacher-Straße zu einem tödlichen Unfall. Seitdem hat das Verkehrsdezernat die Straße dort so umgestaltet, dass der Unfall sich in dieser Form wohl nicht wiederholen wird. Gleiches wünschen wir uns auch für alle anderen Unfallstellen – nicht nur von Todesopfern, sondern auch von Leicht- und Schwerverletzten. Sicher mit dem Fahrrad zur Arbeit oder in die Schule – gerade auch in Zeiten von Corona – kann und darf nicht zu viel verlangt sein. Radfahrende müssen im fließenden Verkehr mitfahren, sind aber ohne Knautschzone besonders gefährdet. Deshalb braucht es gute und sichere Radinfrastruktur, und zwar überall.
Der Bedarf für Infrastruktur und für Kommunikation und Aufklärung wurde uns auch während der Demo bewusst gemacht; in Sachsenhausen rief eine von der Demonstration leicht behinderte Autofahrerin von der Gegenfahrbahn: “Ihr scheiß Radfahrer!” Viele Lesende werden solche oder ähnliche Erlebnisse auch zu berichten wissen. Es scheint noch ein bisschen zu dauern, bis das Fahrrad wirklich als gleichberechtigtes Verkehrsmittel gesehen wird. Auch in Frankfurt sollte die bereits von vielen Städten verkündete “Vision Zero” – also das aktive Hinarbeiten auf die Vermeidung von Verkehrstoten – explizites Ziel städtischer Politik werden.